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Die „Matthäus-Passion“ von Johann Sebastian Bach ist ein Mammutwerk, das das Leiden und Sterben Christi in fast drei Stunden musikalisch zelebriert. Dafür ist Ausdauer nötig, wie auch der kroatische Choreograf Matija Ferlin weiß. Er verwendet diesen klanglichen Hintergrund in „Sad Sam Matthäus“, um sich Fragen von Vergänglichkeit, Schmerz und Sterben zu widmen. Das in vielerlei Hinsicht bunte wie berührende Ergebnis feierte Freitagabend bei den Wiener Festwochen Premiere.
Der Auftakt im Jugendstiltheater am Steinhof präsentierte sich zunächst äußerst meditativ: Das lag nicht unbedingt an der Musik Bachs, die als Einspielung von Philippe Herreweghe und dem Collegium Vocale Gent aus den Boxen dröhnte, sondern Ferlins Tätigkeit. Mittels Gummimaske als alter Mann verkleidet, erging er sich den Großteil der ersten Stunde darin, ein fragil wirkendes Holzgebilde zu begutachten, zu erweitern und dann doch wieder auseinanderzunehmen. Übertönt wurde das Geschehen von Ferlins aufgenommener Stimme, die den letzten Lebensabschnitt Bachs rekapitulierte.